WordPress

Den Aufwand nicht unterschätzen

Auch Standard-Themes brauchen Zeit

Standard-Themes, auch Stock-Themes genannt, gibt es in einer Quantität wie den sprichwörtlichen Sand am Meer. Für welches Einsatzgebiet auch immer eine Website vorgesehen ist, sicher sind dafür bereits »fertige« Themes auffindbar. Gut so, denn warum sollte geschnittenes Brot auch immer wieder neu erfunden werden? Wer aber denkt, mit einem solchen Standard-Theme, selbst wenn es ein kostenpflichtiges Premium-Theme ist, schnell und einfach zu einem einwandfreien und halbwegs individuellen Webauftritt gelangen zu können, der liegt eher öfter als selten falsch.

Besonders für WordPress und Joomla gibt es inzwischen so viele Themes und Templates, dass kein Mensch mehr den Überblick haben kann. Welche davon sind gut, welche schlecht? Man weiß es nicht, bis man sie testet. Und sie alle testen ist unmöglich. Also ist viel Zeit einzuplanen für die Suche nach einem geeigneten Theme. Gute Ausgangspunkte für die Suche sind u.a. das Tripwire Magazine, das inzwischen ja eine Art Marketingplattform besonders für professionelle WordPress-Theme-Anbieter geworden ist, Themeforest, Elegant Themes, RocketTheme und Joomlashack. Mit Ausnahme von Tripwire sind dies kommerzielle Anbieter, die aber durchaus auch mal kostenlose Themes offerieren und — wichtiger — Support-Foren betreiben. Und Support wird der Nutzer eher früher als später benötigen…

Auf der Suche

Die Suche wird sich zunächst sicher am Einsatzgebiet, beispielsweise Geschäftswebsite, Portfolio oder eShop, am geplanten Inhalt, beispielsweise Fotos oder Videos, und besonders an der Optik der vorgestellten Themes orientieren. Die mit dieser Suche verbrachte Zeit ist in Ordnung. Es ist ja kein Geheimnis, dass wir als Webdesigner selbst ständig im Web unterwegs sind, um uns an bereits existierenden Designs zu orientieren — da geht die Zeit also ohnehin drauf. Und ganz nebenbei ist es unterhaltsam.

Djtheme

Das von mir ausgewählte Standard-Theme

Bei einem solchen Streifzug bin ich selbst bei Elegant Themes auf ein Theme gestoßen, dass ich mir gut für das angedachte Redesign meiner eigenen Website vorstellen konnte. Struktur, Optik und Handling der Demo-Site dieses Themes sprachen mich gleich an.

Die Bilder machen es aus

Und hier, zum Stichwort Optik, gleich die erste Warnung: Viele der offerierten Themes leben vor allem durch ihre Bilder und Grafiken. Dabei handelt es sich aber in der Regel um kostenpflichtige Stock-Images, die der Theme-Anbieter selbst gekauft hat. Diese Abbildungen gehören normalerweise nicht zum Lieferumfang des Themes.

Photorific

Viele Standard-Themen leben vor allem durch erstklassige Bilder

Von der Urheberrechtsproblematik mal abgesehen ist es aus einem anderen Grund durchaus sinnvoll, diese Abbildungen nicht zu verwenden: Wir wollen ja nicht hundert Websites im Internet finden, die alle gleich aussehen, oder? Der Interessent sollte sich beim Betrachten der Themes also schon vorstellen können, mit welchen (eigenen?) Bildern das Design noch funktionieren könnte.

Meine Gründe für Stock

Ich hatte nun also ein Theme gefunden, das mir gefiel. Und ich hatte eine Vorstellung davon, wie die Website später live aussehen könnte. Damit stand ich vor der Entscheidung: Ein ähnliches Theme selbst entwickeln oder dieses Stock-Theme verwenden? Ich entschied mich für das Stock-Theme aus drei Gründen: Erstens erhoffte ich mir eine Zeitersparnis, zweitens lerne ich gern von anderen Entwicklern und drittens hatte ich Dank eines anderen Projekts bereits ein Abonnement bei Elegant Themes — es kostete mich also nichts. Ich überflog dann etwa eine Stunde lang das Support-Forum für das ausgewählte Theme, um mich darauf vorzubereiten, was auf mich zukommen könnte, dann lud ich das Theme herunter und installierte es mit der üblichen WordPress-Methode. Das tat ich natürlich nicht auf dem Live-Server sondern für eine frische lokale Kopie der Live-Website, die natürlich sämtliche Erweiterungen und Plugins der Live-Site enthielt. Das Ergebnis nach dem Aktivieren des Themes war — wie erwartet — bescheiden: Das Menü stimmte nicht mehr, die drei Textblöcke auf der Homepage waren nicht da, keine Thumbnails, die Bildergalerie funktionierte nicht mehr, die Grafik der Kontaktseite war verschwunden und und und.

Bilder finden und anpassen

Viele Dinge ließen sich nach Studium der (spärlichen) Dokumentation durch Einstellungen im Theme-Konfigurations-Panel innerhalb von etwa einer Stunde regeln, andere Dinge nicht. Um den sich ändernden Text auf der Homepage so zu gestalten, wie ich ihn haben wollte, musste ich mich etwa zwei Stunden lang durch die Dokumentation und das Support-Forum arbeiten. In diesen zwei Stunden waren diverse Versuche mit eingeschlossen. Nun zu den Hintergrundgrafiken: Die Suche nach geeigneten Abbildungen nahm etwa fünf Stunden in Anspruch. Es war ja nicht damit getan, schöne, gut auflösende, aber trotzdem nicht zu große (in KByte) Bilder zu finden.

Country

Diese Bilder mussten auch zum Theme passen: Sie mussten insgesamt relativ dunkel sein, am oberen Rand eine gleichmäßige Farbe haben, um den halb durchsichtigen Header noch gut raus zu bringen, und sie sollten natürlich eine gewisse Bedeutung besitzen. Ob die Bilder wirklich geeignet waren, musste sich dann allerdings noch im Theme zeigen. Dazu waren zunächst alle Bilder zu bearbeiten, auf eine geeignete Größe zu bringen, ins Theme zu laden und dann zu begutachten. Die endgültige Auswahl nahm nochmals drei Stunden in Anspruch — und wirklich zufrieden war ich immer noch nicht.

In die Eingeweide

Das alte Theme nutzte eine statische Seite als Homepage. Damit ließen sich die drei Textblöcke auf der Homepage im neuen Theme nicht realisieren. Notwendig war es, eine normale Blog-Page als Homepage einzustellen, drei neue Seiten zu erzeugen und dann entsprechende Einstellungen im Theme-Konfigurations-Panel durchzuführen. Nun hatten die Container der drei Textblöcke unterschiedliche Längen, was mir nicht gefiel. Dies zu beheben, verlangte Eingriff ins Style-Sheet, also in unbekannten CSS-Code — im Internet-Explorer blieben sie trotzdem unterschiedlich lang. Die Buttons am unteren Ende der Textblöcke waren in der Standardeinstellung einfach mit »mehr« beschriftet und verlinkten auf die drei neu erstellten Seiten. Ich wollte erstens andere Buttons und zweitens andere Link-Ziele. Wie man dass macht, war nicht dokumentiert, was einige Versuche und Ausflüge ins Support-Forum bedeutete. Letztendlich ging es durch Einfügen benutzerdefinierter Felder in den drei Seiten und Modifikationen der Theme-PHP-Quell- und CSS-Codes. Dauer dieser Angelegenheit: etwa drei Stunden.

In diesem Stil ging es weiter mit der Erzeugung der Portfolioseite (die alte JQuery nutzende Bildergalerie funktionierte nicht mehr), der Kontaktseite und der Suche. Ergab eine Suche keine Treffer, führte dies zunächst zu einer völlig ungestylten Seite. Dass konnte natürlich nicht so bleiben und verlangte CSS-Eingriff. Die Kontaktseite verlangte wieder Eingriff in den PHP-Quellcode, da trotz deutscher Sprachdatei viele Meldungen in Englisch gezeigt wurden. Die deutsche Sprachdatei war übrigens weder vollständig noch fehlerfrei. Um hier Abhilfe zu schaffen, musste ich mich mit PO-Edit beschäftigen (und für die Kontaktseite reicht selbst das nicht, s.o.).

Kompatibilitätsprobleme

Das neue Theme war nicht vollständig kompatibel mit dem bislang genutzten W3T-Caching-Plugin beziehungsweise unterstützte Minify von HTML und CSS nicht — muss man erst mal drauf kommen. Außerdem versuchte das Theme eine eigene SEO, was sich mit dem bisher verwendeten und nach wie vor gewünschten Yoast-WordPress-SEO-Plugin biss.

Ich habe oben erwähnt, dass das neue Theme auf einem lokalen Server getestet und angepasst wurde. Irgendwann war natürlich der Zeitpunkt gekommen, es live in Betrieb zu nehmen. Während des Uploads auf den Live-Server gingen einige Theme-spezifische Informationen, beispielsweise die rotierenden Texte und die drei Thumbnails der Textblöcke auf der Homepage, verloren und mussten wieder eingefügt werden.

Support?

Das Support-Forum von Elegant Themes ist nur dann eine große Hilfe, wenn ein anderer Nutzer dasselbe Problem schon einmal hatte und im Support-Forum die Lösung bereits beschrieben ist. Auf die Beantwortung neuer Fragen kann man sonst schon mal sehr lange warten (ich habe trotzt Erinnerungen noch ein Ticket aus November 2011 offen — inzwischen haben wir Februar 2013). Und allzu häufig verlangen die Supporter Zugriff auf das Backend, um ein Problem zu lösen, was bei einem lokalen Entwicklungsserver natürlich nicht funktioniert. Wäre schön, wenn sie dort, wo sie Zugriff bekommen, die Problemlösung anschließend auch beschreiben würden, damit andere Nutzer, die dasselbe Problem haben, sie nachvollziehen können. Aber das ist wohl zuviel verlangt?

Fazit

Irgendwann hatte ich aufgehört, die Stunden für die einzelnen Anpassungen, Tests, Änderungen und Fehlerbeseitigungen zu zählen, insgesamt dauerte die Einführung des neuen Themes 1,5 Wochen — in dieser Zeit war auch die alte Website — eigenes Theme inklusive — fertig. Eine Zeitersparnis konnte ich also nicht erkennen. Aber ich hatte einiges gelernt. Wer HTML, CSS und PHP nicht gut kennt, wir für eine neue Website ein solches Theme zwar nutzen, aber ohne (professionelle) Hilfe nicht wirklich auf seine Bedürfnisse zuschneiden können. Wer daran denkt, eine existierende Website mit einem solchen Theme neu zu schmücken, sollte sich das gut überlegen. Bei einer WordPress-Site wird es vermutlich noch gut gehen, wenn bisher ein Standard-Theme wie TwentyTen ohne viele Erweiterungen und Plugins genutzt wird. Gibt es aber etwas, das von der Norm abweicht, kann es brenzlig werden. Das Fazit für Webentwickler: Ja, man kann ein solches Theme durchaus dort nutzen, wo es passt, aber eine großartige Zeitersparnis wird man sich damit nicht erkaufen. Bleibt man immer bei ein und demselben Theme-Anbieter, wird es mit der Zeit aber ein wenig besser, denn die meisten Themes eines Anbieters ähneln sich, aber nicht jeder Anbieter offeriert Themes für jedes Vorhaben.

Nachtrag, Februar 2012

Meine Website lief mit diesem Theme etwa zwei Jahre lang einigermaßen so, wie ich es mir vorstelle. So richtig zufrieden war ich nie damit. Und im Laufe dieser zwei Jahre hat sich in Sachen Webdesign und -entwicklung viel getan: Responsive Webdesign, Adaptive Images etc. Also war es Zeit, erneut ein Redesign in Angriff zu nehmen, diesmal jedoch auf Basis eines von Grund auf selbst entwickelten Themes. Der gesamte Prozess dauerte zwei Wochen, als ein paar Tage länger als beim letzten Mal. Dafür bin ich diesmal rundum zufrieden mit dem Ergebnis und ich konnte ein paar Features integrieren, die kein Standard-Theme bietet.